INF-Vertrag: Weiterverhandeln und von Moskau nicht auseinanderdividieren lassen

Zur angekündigten Aufkündigung des INF-Vertrages über landgestützte Mittelstreckenraketen seitens der USA erklärt Michael Gahler, sicherheitspolitischer Sprecher der EVP-Fraktion:


„Ich bedauere diese Entscheidung einerseits, denn es ist im ureigenen europäischen Interesse, dass Europa auch künftig frei bleibt von dieser Waffenkategorie, die uns einseitig bedroht. Andererseits sind sich alle NATO-Mitgliedstaaten einig, dass Russland seit geraumer Zeit mit der Produktion und dem Beginn der Stationierung der SSC-8 Raketen, die auch mit Nuklearsprengköpfen bestückt werden können, gegen die Bestimmungen des INF-Vertrages verstößt. Diese Erkenntnis hatte im Übrigen auch schon der Amtsvorgänger von Präsident Trump, Barack Obama geäußert. Auf die Dauer kann ein Vertrag keinen Bestand haben, an den sich nur eine Seite hält.


Ich fordere Russland auf seine Behauptung, die Raketen hätten nur eine Reichweite von 480 km zu belegen, indem internationalen Experten Zutritt gewährt wird.


Meine Einschätzung ist, dass der russische Präsident diese Waffenkategorie aufbaut, um darüber die NATO zu spalten, etwas was der Sowjetunion vor 40 Jahren bei der Stationierung der SS-20 Raketen nicht gelang.


Auch Präsident Trump kann kein Interesse haben, die europäischen Verbündeten dadurch zu spalten, dass er bilateral mit einer Koalition der Willigen seinerseits jetzt mit einer erneuten Stationierung beginnt.


Wir Europäer sollten jetzt die vor uns liegenden sechs Monate bis zum Wirksamwerden des amerikanischen Ausstiegs nutzen, die beiden Vertragsparteien USA und Russland zur Fortsetzung der Verhandlungen mit dem Ziel einer Vermeidung beiderseitiger Stationierung von Mittelstreckenraketen in Europa zu bewegen.


Dem Hinweis von Präsident Trump, China und Indien seien von dem Vertrag nicht umfasst, könnte man seitens der EU mit einem Vorschlag in der Form begegnen, dass die USA und Russland mit den genannten Staaten eine Klärung herbeiführen könnten, ob Interesse an einem solchen Übereinkommen auch im Verhältnis zu ihnen besteht.


Wenn alle Verhandlungen scheitern und Russland seine einseitige Aufrüstung nicht stoppt, können und sollten wir unsererseits nicht ausschließen, das militärische Gleichgewicht auf höherem Niveau wiederherzustellen. In dem Zusammenhang sehe ich auch die Gefahr, dass mittelfristig das 2021 auslaufende START-Abkommen über strategische Waffenreduktion ohne Verlängerung bleiben könnte und damit keine Rüstungsbegrenzungs- und Abrüstungsabkommen zwischen den beiden nuklearen Weltmächten existieren würden.“